Unsere persönlichen Beweggründe

Christoph:
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„Unser Parteiensystem ist von mächtigen Wirtschafts- und Finanzlobbys unterwandert und ausgehöhlt worden. Politiker agieren, spätestens wenn sie Regierungsämter übernehmen, nur noch wie die Vertriebsmannschaft dieser Lobbys. Sie sind Verkäufer und verkaufen uns Lobbyinteressen als Bürgerwille. Wir Wähler können lediglich noch beeinflussen, wer diese Aufgabe übernehmen darf. Unser demokratisches Wahlrecht wird dadurch missbraucht. Mit meiner Stimme würde ich diesen Missbrauch legitimieren. Ich würde gerne wieder wählen, kann dies aber erst wieder tun, wenn der Einfluss der Lobbys sichtbar beschnitten worden ist. Solange dies nicht der Fall ist, fühle ich mich von keiner Partei mehr vertreten und gebe meine Stimme in die Gläserne Urne.“

Sybille:
_DSC7190„Ich habe die letzten Jahre seit Gerhard Schröder ungültig gewählt, weil ich die Parteien nicht legitimiert habe, Armut in Deutschland zu erzeugen durch Niedriglöhne, Leiharbeit, die sogenannten HartzIV-Gesetze und nicht zuletzt durch die geförderte Chancenungleichheit der Kinder in einem völlig desolaten Bildungssystem. Ich habe keine Partei, keinen Politiker legitmiert, Statistiken zu fälschen, Tatsachen zu verdrehen oder zu verschweigen, ich habe ihnen auch keine Erlaubnis erteilt, die Bevölkerung zu überwachen, auszuspionieren, zu verprügeln, zu inhaftieren und das Grundgesetz in weiten Teilen auszuhebeln.
Ich verweigere meine Zustimmung an kriegerischen Handlungen, egal wo auf der Welt. Ich verweigere „Krieg ist Frieden“ mit meiner Stimme zu legitimieren.
Ich wähle nicht christlich, sozial, grün, liberal oder marxistisch, um Banken zu deregulieren, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren. Ich gebe meine Stimme an der Wahlurne nicht her, damit die (nicht vorhandene) Souveräntität Deutschlands an einen Gouverneursrat des ESM abgegeben wird, der völlig frei von demokratischen Spielregeln handelt und Banken rettet, ganze Völker in die Armut stürzt, erpresst und die Bevölkerung knebelt bis zur Bewegungsunfähigkeit.
Durch die Gläserene Urne habe ich die Möglichkeit gemeinsam mit (hoffentlich) Vielen dem System die Energie zu entziehen, die es braucht, um so agieren zu können. Mein Ungültigwählen geht  nicht unter in den Statistiken, mein Nichtwählen wird laut und deutlich begründet.
Ich wünsche mir die breitangelegte Diskussion über unsere Zukunft, über gelebte Demokratie in einem System, das frei von Parteien agiert, das von den Menschen mit den Menschen und für die Menschen arbeitet und allen die Möglichkeit bietet, sich einzubringen – auch in Europa. Deshalb engagiere ich mich für die Gläserne Urne.“

Alex:
„Ich werde meine Wahlbenachrichtigung bei der Gläsernen Urne abgeben, weil ich beim gegenwärtigen Parteienfächer nicht mehr bereit bin, als passives Stimmvieh die immer gleichen Volksverdummungs- und Selbstvermarktungsspielchen zu legitimieren. Spätestens wenn sie an der Macht sind, scheint aus jedem Politiker ein gesichtsloses, austauschbares Wesen zu werden, dem oder der die Hände gebunden sind, Wahlversprechen umzusetzen oder juristische Möglichkeiten zu nutzen.
Stattdessen sehe ich nur den Verweis auf Zwänge und Strategien, um die Schwierigkeiten auszusitzen oder zu verschieben. Ich hoffe, dass sich die Wahlberechtigten, die sich für die Gläserne Urne entscheiden, auch weiter aktiv mit Politik auseinandersetzen und dafür einsetzen, dass den sogenannten Volksvertretern ihre Lobbyverflechtungen entrissen werden.“

Peter:
„Ich will nicht strategisch wählen, weil mir das zuwenig ist. Politik oder gar Demokratie reduziert auf mathematische Rechenspiele? – Nein. Ich will aus Überzeugung eine ehrliche Politik wählen können, oder ich lasse es bleiben. Nur weil das Wort „ehrlich“ in der Politik keinen Platz zu haben scheint, und daher offenbar ehrliche Leute dort auch nicht wirklich zum Zuge kommen können, werde ich nicht diejenigen unterstützen, die „am wenigsten lügen“! Parteien taugen nicht zu dem, was sie vorgeben zu wollen. Selbst wenn darunter ehrliche und gut motivierte Menschen sind. An der Macht angekommen ändert sich alles. Dann bleibt nicht viel von den vormaligen Versprechungen. Warum ist das so? Was wirkt da im Hintergrund? Der politische Wille zur Veränderung muss dann plötzlich irgendwelchen Sachzwängen weichen, mit konträren politischen Zielen.
Moment. Hatten wir nicht unsere politischen Ziele in der Wahl zum Ausdruck gebracht? – WESSEN Ziele sind also nun plötzlich wichtiger? Wir bekommen ein ödes Schauspiel präsentiert, gespielt von Politprofi-Darstellern die von uns gewählt wurden.
Bei der Wahl dürfen wir dann eine neue Schauspieltruppe wählen! Hurra! – Oder?
Nein! – Denn wir wählen nicht und NIEMALS das STÜCK! Wir wählen nicht mal eine Formulierung im Drehbuch des Stückes! Das Drehbuch schreiben andere, die über Geld und Einfluß verfügen müssen. Und über Druckmittel. Und die sind nicht am „Wohl des Volkes“ interessiert, sondern bestenfalls am eigenen. An IHREN Zielen.
Da dieser Hintergrund unserer Politik nicht gewählt und auch nicht kontrolliert wird, jedenfalls nicht vom Volk, ist das auch keine Demokratie. ‚Vom Volk, für das Volk, durch das Volk‘ – so Abraham Lincoln über die Demokratie.“

Yvonne:
glaeserneurne1„Ich finde Nichtwählen zwar legitim, aber insofern problematisch, als man es nicht als politisch begründeten Boykott auffassen muss, wenn man nicht will. Deshalb werde ich dieses Jahr bei der Gläsernen Urne mitmachen. Diese Initiative artikuliert das, was viele denken, es ist eine Möglichkeit, den Wahlprotest an einer Stelle zu bündeln und ihm eine Stimme zu verleihen. Bei der Bundestagswahl 2009 haben über 750.000 Menschen ungültig gewählt – die wenigsten davon unbeabsichtigt. 2,6 Prozent der abgegebenen Zweitstimmzettel in Brandenburg wurden ungültig gemacht. Das ist ein politisches Zeichen, das geflissentlich überhört wird. Wenn wir aber viele sind, kann man uns nicht mehr ignorieren und muss sich mit der fatalen Unzufriedenheit mit der politischen Repräsentation in diesem Land auseinandersetzen. Ich erhoffe mir davon einen neuen Diskurs unter den Bürgerinnen und Bürger über die Art der politischen Repräsentation und über die Demokratie. Denn ich befürchte, dass, wenn alles einfach so weitergeht wie bisher, die Idee der Demokratie als Grundkonsens unsere Gesellschaft in Gefahr ist.
Es darf außerdem nicht sein, dass die ungültigen oder nicht abgegebenen Stimmen nicht im Ergebnis der Wahl wiedergegeben werden. Denn sonst regiert – wie aktuell – eine Koalition, die nicht von der Mehrheit der Wahlberechtigten legitimiert wurde. Das hat nach meinem Verständnis mit Demokratie nichts zu tun.
Ich will mich im Rahmen der Gläsernen Urne dafür einsetzen, dass zukünftig auch nicht abgegebene Stimmen im Parlament repräsentiert sind. Langfristig finde ich es erstrebenswert, die Abgeordnetensitze im Landtag oder im Bundestag unter allen Einwohnern und Einwohnerinnen des Landes auszulosen. Damit ist eine gerechtere und umfassendere Repräsentation aller möglich.
Immanuel Kant prägte die Maxime der Aufklärung: Sapere aude! Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen. In diesem Sinne verstehe ich die Initiative der Gläsernen Urne: Als ein emanzipatorisches, als ein aufklärerisches Projekt. Deshalb: Nicht Nicht-wählen-gehen, sondern bei der Gläsernen Urne mitmachen! Schickt uns eure Begründung für euren Wahlboykott!“

Julia:
_DSC7151„Ich hab die meiste Zeit meines politischen Lebens ungültig gewählt, da ich keine Partei fand, in die ich genügend Vertrauen hatte, dass sie meine Interessen vertreten würde. Auf Bundesebene habe ich damals meine Stimme für die mögliche Abwahl der CDU gegeben, weil ich den Wechsel ermöglichen wollte, ohne allzu große Hoffnungen in die neue Regierung gehabt zu haben, was sich leider in der Folge für mich bestätigt hat. Und schließlich wählte ich aus Überzeugung und mit großen Hoffnungen die Grünen zur Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg. In Stuttgart, insbesondere als Teil der Bewegung gegen Stuttgart 21, konnte man anhand der Regierungsübernahme der Grünen beispielhaft lernen, wie man von Parteien im Wahlkampf belogen, getäuscht und missbraucht wird.
Macht ist die Triebfeder, wenn Parteien mal richtig mitmischen können und dann vergessen sie alle ihr einst sinnvollen Ziele aus Tagen in der Opposition. Ich finde es unwürdig, für wie dumm die Politiker -aller Parteien- uns Bürger halten. Ich bin nicht bereit, durch die Wahl des kleinsten Übels die aktuelle Verfasstheit der repräsentativen Demokratie mit ihren zur Wahl stehenden Parteien zu legitimieren. Durch meine Stimme in der Gläsernen Urne möchte ich einhalten; wir brauchen andere Wege, um die Interessen der Bürger politisch zu vertreten. Ein fertiges Alternativkonzept kann ich nicht bieten, ich denke wir müssen beginnen, uns darüber mit möglichst vielen Menschen Gedanken zu machen.“